Titelbild

Band-Rezensionen

Band: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1981

Verlag: Hansa-Verlag Hamburg
Reihe: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft

Eintrag von Rüdiger (vom 9.11.2009)

Das Buch beschäftigt sich (u.a.) mit dem "Löwen Sachsens", theoretischen Überlegungen in Sachen Karl May und die literarische Romantik, den Quellen zu Mahdi-Trilogie und 'Sklavenkarawane', dem "Verlornen Sohn", dem historischen und zeitgeschichtlichen Hintergrund der Südafrika-Erzählungen, Mays Verhältnis bzw. Bezügen zu Herder und Tolkien, Gerichtsakten und der Villa Shatterhand.

Und dann schreibt WOLF-DIETER BACH, einer aus sozusagen der Zeit, als es in der Karl May Gesellschaft noch [mehr] interessante Köpfe gab, unter "Mit Mohammed an May vorbei" (gleichsam) endlich einmal das, was sie alle miteinander heute offenbar nicht mehr kapieren,

"Die gestrenge Frage, ob der Herr Puntila samt seinem Knecht typisch finnische Menschen seien, wäre so sinnvoll wie der Versuch, die Stellung des Glücksschweins im zoologischen System zu bestimmen. Und Brecht war Realist!

Auch Karl May sollte nicht an der ethnologischen und kultursoziologischen Stimmigkeit seiner Romane gemessen werden, wie dies die Autoren Hofmann und Vorbichler in ihrer Arbeit tun. Defoes Freitag, Coopers Chingachgook, Melvilles Queequeg sind allesamt keine getreuen Abschilderungen völkerkundlicher Realität. Der Orient, den Voltaire in "Zadig" beschrieb, hat nie existiert er ist genau so wenig authentisch nach wissenschaftlichem Maßstab wie jenes Morgenland, das Orientalen selbst uns schildern: Firdusi etwa, oder die Erzähler von Tausend-und-einer-Nacht. Und selbst ein als Tatsachenbericht sich ausweisendes Orientbuch eines historisch geschulten modernen Europäers wie "Die sieben Säulen der Weisheit" von T. E. Lawrence besteht eine genaue Realitätsprüfung nicht. Orient verführt zur Phantasie.

Kurzum: es ist eine Kinderei, May den Vorwurf zu machen, sein Bild vom Islam sei falsch und verzerrt. Gar keine Frage, daß es dies ist! Aber derlei selbst ohne Vorwurf festzustellen hieße nicht mehr, als der Literatur zu bescheinigen, daß sie sich nur selten peinlich genau an die Vorlagen dieser Welt hält - eine Binsenweisheit, kein Blatt Papier wert."

Soweit Bach.

Karl May schlug sich seinerzeit in "An den Dresdener Anzeiger" (u.a. ...) mit vergleichbarer Borniertheit herum; auch rund achtzig oder auch hundertzehn Jahre später hat sich natürlich nichts geändert, wie sollte es auch, die Dummheit, oder formulieren wir freundlicher, Verständnisfreiheit der Menschen währet ewig.


 
Auflage: 1