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Band-Rezensionen

Band: KARL MAY · LEBEN UND WERK

Verlag: Bücherhaus Bargfeld
Reihe: KARL MAYS WERKE · HISTORISCH-KRITISCHE AUSGABE

Eintrag von Rüdiger (vom 22.12.2005) (weitere Einträge von Rüdiger)

Die letzten Jahre Karl Mays, um die es hier geht, und in denen so völlig unterschiedliche Dinge wie „Ardistan und Dschinnistan“ einerseits und die „Pollmer-Studie“ anderseits entstanden, gestalteten sich für ihn sehr schwierig, immerhin musste er sich u.a. öffentlich sagen lassen, er sei ein geborener Verbrecher.

Und so ist auch dieser dritte Band der schwierigste von den dreien, und, anders als die ersten beiden, streckenweise nicht mehr so angenehm zu lesen, es wird schon mal sehr theoretisch und theologisch, gerade in längeren Passagen im Anschluß an die sehr positiv ausgefallene Besprechung von „Babel und Bibel“ ist mir das aufgefallen. Festzuhalten bleibt hier (neben hübschen kirchenkritischen Stellen u.a. auf S. 1534), dass die Meinung, die Karl May von seinem Stück bzw. dessen Erfolgsaussichten hatte, in seiner völlig absurden Fehleinschätzung geradezu grotesk anmutet. Desillusionierung kann aber im Dienste wahrer Selbstfindung auch sehr konstruktiv sein. - Schön die Ausführungen zum „dunklen Gott“ S. 1547 f.

Interessant, was Karl May seinem Verleger Fehsenfeld verbal manchmal so um die Ohren gehauen hat (S. 1596).

Manche der Leute, mit denen Karl May sich abgab, machen doch teilweise einen recht spießig-biederen Eindruck, so Oberlehrer Franz Langer, zu dessen Namen man passenderweise die Berufsbezeichnung immer gleich mitliefert. Interessante Kontakte gab es (u.a.) zu Bertha von Suttner, Wiltrud von Bayern, Lu Fritsch und den Einsles.

Hermann Wohlgschaft hat keine Berührungsängste in Sachen ausgefallenerer Themen, er geht in psychologische Tiefen, auf den Mystiker Gurdijeff geht er ausführlich ein, auf Sufismus und das Enneagramm. Später geht es noch einmal um Berührung mit fernöstlichen Religionen, und um Teilhard de Chardin.

Daß Karl May seine angeblich nur für sich selbst geschriebene Pollmer-Studie ausgerechnet dem Untersuchungsrichter Larras zur Verfügung stellte, wirft ein recht erbärmliches Licht auf ihn, und ob er es immer mit der Ehre so hatte, können wir durchaus dahingestellt sein lassen. Ich persönlich glaube, der Mann war teilweise so kaputt, dass es ihm auf so etwas wie Ehrgefühl manchmal auch nicht mehr ankam.

Wenn ich so ein Zitat wie das auf S. 1708 von Gabriele Wolff lese, wird mir ob solchen neunmalklugen intellektuellen Hochmuts auch ganz anders. Ob Frau Wolff wirklich in anderer Weise liest, als sie es hier von oben herab für Karl May beschreibt ? Mal bei Platon nachschauen.

Die Passagen zu „Ardistan und Dschinnistan“ sowie insbesondere Winnetou IV (in diesem Buch geht es u.a. um die Liebe in höherem Sinne, und um die Rückkehr zum verlorenen Paradies) lesen sich wieder komfortabler, als es hier zu anderen Passagen weiter oben gesagt wurde. A&D ist kein Buch, das man in eine Schublade einordnen kann, obwohl dieses Bedürfnis unter Intellektuellen, wie man immer wieder beobachten kann, ja sehr stark vertreten ist. Wohlgschaft erliegt dieser Versuchung nicht; er zieht zwar ein paar Schubladen auf und hält das eine oder andere Etikett gleichsam bereit, lässt die Angelegenheit dann aber doch angemessenerweise ziemlich offen. Wobei mir selbst die Einordnung als „christlich“ zu weit geht. - Sehr interessant der Hinweis auf das Buch von Ralph Waldo Trine sowie einige Zitate daraus. - Zitierenswert S. 1776 unten (über Karl May): „Der Dichter ist überzeugt: Gott wohnt überall. Wer so denkt, ist sicher kein Manichäer, kein Verächter des Leibes und der Materie“.

Tagebücher und andere Schriften von Klara May, die öfter mal zitiert wird, würde ich ja gerne einmal ausführlicher lesen, egal, was sie sonst so angestellt haben mag. Es ist nur schwer, da heranzukommen.

Mays Anbiederung an Pfarrer Rentschka sehe ich nicht so wohlwollend wie Wohlgschaft, sondern folge hier Wollschlägers Ansicht, „kein Kritiker ist ihm jetzt gering genug, um ihn zu übersehen“.

In den Betrachtungen über „Winnetou City“ und dergleichen hat Karl May heutige Auswüchse genial-visionär vorweggenommen, in welcher Weise und welchem Ausmaß er einmal vermarktet und verballhornt werden würde, hat er wohl nicht vorausgesehen, wenigstens sei ihm das zu gönnen.

Für mich wieder befremdlich, daß Wohlgschaft über viele Seiten sehr bemüht Winnetou IV als "christlich" zu interpretieren versucht, erfreulich, daß er dann abschließend auf S. 1923 doch einigermaßen davon ablässt. Sehr beeindruckend und sehr schön in diesen Passagen die zahlreichen Zitate von Eugen Drewermann (der übrigens mittlerweile aus der Kirche ausgetreten ist).

Nach zwischendrin viel Theorie und hartem Brot können einen dann die letzten paar Dutzend Seiten noch einmal richtig emotional erwischen, der Sieg in Moabit, Tränen in Augsburg, Erfüllung in Wien, und dann der 30. März, auf S. 2003 stockt mir ob einer Formulierung der Atem, und auf S. 2006 bin ich mit der den Kirchhof verlassenden Marie Hannes nur noch nachdenklich und still.


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Auflage: 1 (einzige)