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Band-Rezensionen

Band: DER EREMIT

Verlag: Karl-May-Verlag Bamberg · Radebeul
Reihe: KARL MAY's GESAMMELTE WERKE

Eintrag von Helmut (vom 27.7.2008)

Eigenartigerweise finde ich den ersten Teil des Buches recht spannend und ich las es auch recht gerne.
Da bekanntlich nicht sein kann, was nicht sein darf, nämlich dass mir bearbeiteter May gefällt, habe ich eine Erklärung dafür gesucht und gefunden.
Der Grund dafür ist, dass mir i.w. diese Geschichte, der Eremit, neu ist und ich sie im Original fast nicht (mehr) kenne. Es handelt sich dabei nämlich um ein (in meinen damaligen Augen, also beim ersten Lesen) unnötiges "Anhängsel" nur zum "Lieferungsfüllen" und völlig unnütz für die eigentliche Geschichte, weil dadurch nur das längst herbeigesehnte Ende hinausgezögert wurde.
Aber aus diesem Zusammenhang heraus genommen ist es eben doch eine relativ spannende Geschichte.

Der 2. Teil enthält die Geschichte von Vater und Tochter Beyer zwar herausgelöst aber doch mit etwas Gesamtzusammenhang versehen. Diese Geschichte ist ja im "Mayschen Original" vollkommen trostlos, hoffnungslos und äußerst traurig. Diese Grundstimmung ist hier zwar etwas abgemildert (ich vermute, ich weiß wer hier der maßgebliche Bearbeiter war), es bleibt jedoch noch ziemlich viel dieser Stimmung übrig. Als Einzelgeschichte könnte man diese Bearbeitung - natürlich nur nach meiner völlig unmaßgeblichen Meinung - durchaus noch als geglückt bezeichnen.
Ob es allerdings nötig war im überarbeiteten (noch mehr in Richtung Happy End) Schluss der Geschichte zu einem "versöhnlichen Ende" (so stehts im "geschliffenen Diamant") auch für Auguste Beyer zu kommen, das möchte ich doch sehr bezweifeln. Da finde ich das Maysche Original eindeutig besser; da ist nämlich einfach davon nichts mehr zu lesen.


Eintrag von Rüdiger (vom 10.2.2005)

Enthält die Episode um den Einsiedler Winter und den Paukenschläger Hauck (aus dem sechsten "Sohn"-Band der HKA) sowie die Handlung um Auguste Beyer aus der Waldkönig-(alias Buschgespenst)-Handlung.

Hatte man in Band 75 unbearbeiteten Originaltext vorgelegt, so sind die beiden enthaltenen Episoden aus dem „Verlornen Sohn“ hier wieder bearbeitet, und das nicht nur wegen der Schwierigkeit des Herauslösens aus dem Gesamtzusammenhang. Sehr hübsch schrieb dazu Helmut Schmiedt in einem Literaturbericht im Jahrbuch der KMG:

„Von den Veränderungen profitiert in erster Linie Auguste Beyer, die als Kindsmörderin ins Gefängnis gesteckt wird und im Original dort verbleibt; dank mildtätiger Bearbeiter gelangt sie nun in den Genuß eines erfolgreichen Gnadengesuchs und sozialtherapeutischer Hilfsmaßnahmen – wieder einmal ist Ardistan schöner geworden!“

Ein Beispiel aus diesem Band, wie eine kleine Änderung einen Text völlig verdrehen kann:

Im Original gibt es eine Stelle, wo ein Erbe (der Paukenschläger Hauck) am Sterbelager in Erwartung anstehenden Reichtums geradezu außer sich gerät:

„Es flimmerte ihm um die Augen, es summte ihm um die Ohren. Reich, reich, reich! Er mußte fort, hinaus, mußte frische Luft atmen. Er ging und strich wohl einige Stunden lang im Walde umher.“

An der entsprechenden Stelle ist in diesem Band 76 „Reich, reich, reich !“ gestrichen, und schon bezieht sich die Erschütterung des guten Mannes nur auf das Ableben des anderen. Das ist brav, aber nicht das, worum es Karl May ging, der die Abgründe menschlichen Wesens durchaus kannte und schilderte. In den Bearbeitungen liest man davon oft wenig.

Warum im Anhang die Bearbeitungsprinzipien des "Verlornen Sohnes" ausgerechnet durch Otto Eicke erläutert werden, hat sich mir nicht so recht erschlossen, es ist ja nun nicht so, daß es nicht auch zeitgemäßere und unzweifelhaftere Herrschaften gäbe, die dies auch hätten erledigen können.

 
Auflage: 46 (aktuell)
Auflagen: 46 (aktuell), 43, 40, 35, 25, 20