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Essay "Im Lande des Mahdi"

Daten

TitelIm Lande des Mahdi
AutorRolf Dernen

Zugeordnete Texte

Konkordanz dieser Texte

TitelUntertitelKurzbemerkung
Der MahdiReiseerzählung von Karl MayZeitschriftenfassung
Im Lande des Mahdi 1 Buchausgabe
Im Lande des Mahdi 2 Buchausgabe
Im Lande des Mahdi 3 Buchausgabe

Konkordanz dieser Texte

Im Lande des Mahdi

Aus der Werkstatt eines Erfolgsschriftstellers X

Mit dem Thema Sklaverei hat Karl May sich in seinem Werk immer wieder auseinandergesetzt. In seinen Kolportageromanen war es in erster Linie das Schicksal von in die Sklaverei verkauften Europäern, das die Herzen der Leser rühren sollte, aber bereits dort, speziell im "Waldröschen" (1882-84), fallen Sätze über den Menschenhandel wie:
"Einen Weißen?"
"Ja."
"Aber das ist ja fürchterlich!"
"Nicht fürchterlicher, als wenn man einen Schwarzen verkauft. Mensch ist Mensch."

In der Jugenderzählung "Die Sklavenkarawane", geschrieben 1888/89 und ein Jahr später in der Zeitschrift "Der gute Kamerad" veröffentlicht, geht May ausführlich auf die Unterjochung der Bewohner Zentralafrikas ein. Aber nicht nur die Sklaverei, auch die Auseinandersetzung mit dem militanten Islam rückt in den Achtzigerjahren des vorvergangenen Jahrhunderts in den Mittelpunkt des Interesses der gebildeteren Stände in Europa.
1881 macht im Sudan zum ersten Mal ein frommer Asket namens Mohammed Achmed Ibn Saijid Abd Allah von sich reden, der sich als der Mahdi, der von den Moslems erwartete Glaubenserneuerer, bezeichnet und den heiligen Krieg gegen die Ägyptisch-Osmanische Vorherrschaft erklärt.

Die Person des Mahdi hat May schon früh interessiert. Im März 1885, drei Monate vor dem Tod Mohammed Achmeds, bietet er der Zeitschrift "Vom Fels zum Meer" an, einen Text mit dem Titel "Die erste Liebe des Mahdi" zu schreiben. Dieses eher romantische Konzept kommt allerdings nicht zur Ausführung. Die Zeitschrift "Deutscher Hausschatz", für die May bereits mehrere große Reiseerzählungen verfasst hat, kündigt im selben Jahr eine Arbeit des Autors zum "Mahdi"-Thema an, aber die Leser müssen sich noch ein paar Jahre gedulden. Die Sklavenfrage steht für May wieder im Vordergrund, und auf die Bitte des "Hausschatz"- Redakteurs Heinrich Keiter Ende 1889 um eine neue Erzählung schlägt May vor, diesen humanitären Missstand zum Inhalt zu machen.
Mays finanzielle Situation zu dieser Zeit ist alles andere als rosig. Nicht bezahlte Rechnungen führen zu Klagen, May und seine Frau Emma bleiben mit der Miete im Rückstand und müssen 1890 von der relativ teuren Villa "Idylle" in Kötzschenbroda in eine preiswertere Wohnung umziehen. Dabei arbeitet der Autor beinahe rund um die Uhr und liefert in manchen Wochen über hundert Manuskriptseiten ab. Nicht einmal für Mays Zigarren, die er während des Schreibens raucht, ist genug Geld übrig. May muss anschreiben lassen und hat bald beim Tabakhändler Schulden über 125 Mark, was schließlich zu einer Zahlungsklage führt.

Die große Sudanerzählung für den "Hausschatz" erhält erst einmal den Titel "Unterm Sclavenjoch", wie aus einem Brief von Keiter an May hervorgeht. Ein Indiz dafür, dass May von Anfang an als Schwerpunkt das Thema Sklaverei vorgesehen hatte. Am 18. Januar 1890 liefert May die ersten 100 Manuskriptseiten ab, Ende April dürfte er das Manuskript für den ersten Band fertig gestellt haben. Die komplette Erzählung, die inzwischen den Titel "Der Mahdi" trägt, beendet May wahrscheinlich im Sommer 1890.
In Heft 1 des 18. "Hausschatz"-Jahrganges (1891/92) beginnt "Der Mahdi" zu erscheinen, zum ersten Mal mit einem Portrait des Verfassers. Die Erzählung läuft in den 52 Nummern dieses und allen 52 des folgenden Jahrgangs. Der genaue Titel lautet "Der Mahdi. / Reiseerzählung von Karl May".
Die Erzählung ist in zwei Bände á drei bzw. vier Kapitel gegliedert, der erste Band trägt den Titel "Am Nile", der zweite "Im Sudan". Die Überlänge des zweiten Bandes ist für einen Zeitschriftenabdruck eher unerheblich, für eine Buchausgabe sieht dies jedoch schon anders aus. Allerdings dürfte May von einer solchen, gar von einer eigenen Buchreihe seiner Reiseerzählungen während der Niederschrift des "Mahdi" höchstens zu träumen gewagt haben. Aber just in der Zeit, als der "Mahdi" im "Hausschatz" erscheint, schließt May mit dem Verleger Friedrich Ernst Fehsenfeld den Vertrag über die Herausgabe von "Carl Mays gesammelten Reiseromanen" (17. November 1891), der ihm den großen Durchbruch bescheren und ihn von der Schuldenlast befreien wird. Unter anderem ist es ihm möglich, die noch von 1877(!) stammende, offene Rechnung von 50 Mark eines Restaurantbesitzers endlich zu begleichen.

Bis 1895 erscheinen 15 Bände in grüngoldener und anderer Ausstattung; mit dem 16. Band soll die Buchausgabe des "Mahdi" beginnen. (Vergleiche zu Folgendem auch "Vom Hausschatz zur Buchausgabe" in "Karl May & Co." Nr. 90, Seite 50.) Karl May steht auf dem Gipfel des Erfolges und die Identifikation von Ich-Held und Autor ist für die Öffentlichkeit längst vollzogen. Ich habe jene Länder wirklich besucht und spreche die Sprachen der betreffenden Völker, schreibt May 1894 in einem Brief an einen Stuttgarter Professor. Die Gestalten, welche ich bringe (Halef Omar, Winnetou, Old Firehand ?) haben gelebt oder leben noch und waren meine Freunde.

Bezüglich des "Mahdi" denkt Verleger Fehsenfeld zuerst an einen zweibändigen Roman, wie man aus einer Verlagsankündigung im Band "Old Surehand 2. Band" (März 1895) ersehen kann. Durch die Überlänge des zweiten Teiles der Erzählung kommen Autor und Verleger zu einer anderen Lösung: Der Mahdi-Roman soll in drei Bänden erscheinen. Eine zwischenzeitlich in Betracht gezogene Kürzung wird verworfen. Über den Titel ist man sich im November 1895 noch nicht ganz einig. In der Verlagsankündigung lautet er "Der Mahdi", in einem Brief von May an Fehsenfeld vom 3.11.1895 heißt es aber: Da Sie einen anderen Titel wünschten, habe ich ihn ?Der Sklavenjäger? benamst. Schließlich einigt man sich auf "Im Lande des Mahdi", die wahrscheinlich beste Lösung. Denn die Erzählung spielt einige Jahre vor dem Mahdi-Aufstand, Mohammed Achmed steht nicht unbedingt im Vordergrund der Handlung und ist in Mays Roman noch ein Werdender.
Für den dritten Band bedarf es allerdings neuen Textes von gut 400 Druckseiten, wozu sich May in einem Brief vom 12. Februar 1896 bereit erklärt. Eigentlich ist die Handlung mit dem Ende des vorliegenden "Hausschatz"-Textes abgeschlossen, was May aber nicht weiter schert. Denn schreibt er nicht so, wie es im Leben wirklich zugeht? Dementsprechend beginnen die angefügten zwei Kapitel mit den Sätzen: Mancher meiner geneigten Leser wird am Schlusse des vorigen Kapitels gedacht haben: "Jetzt sollte der Verfasser eigentlich schließen, denn nach schriftstellerischen Regeln ist die Erzählung nun zu Ende, da die sämtlichen Konflikte gelöst worden sind und der Gerechtigkeit Genüge geschehen ist." Dem habe ich zu entgegnen, daß ich nicht eigentlich schriftstellere, sondern Erlebnisse niederschreibe und es unmöglich hindern kann, wenn sich das Leben und die Wirklichkeit nicht nach schriftstellerischen Regeln richten und sich selbst vom scharfsinnigsten Kritikus nicht den Gang der Ereignisse vorschreiben lassen. Es giebt ewige Gesetze, welche hoch über allen tausend Regeln der Kunst erhaben sind. Hier dürfte es allerdings eher um die Gesetze der Verlags- und Buchhandels-Ökonomie gegangen sein.
May ändert den Schluss des Hausschatz-Textes und fügt zwei neue Kapitel an. Das eine trägt den Titel "Thut wohl Denen, die Euch hassen" und hat nicht nur dadurch ziemliche Ähnlichkeit mit den streckenweise penetrant frömmelnden Marienkalender-Geschichten, die May immer mal wieder zwischendurch, mit programmatischen Titeln versehen wie "Christus oder Muhammed", "Maria oder Fatima" oder "Gott lässt sich nicht spotten", für katholische Verlage verfasst. Dieses Kapitel, Nummer drei des dritten Bandes, springt in der Zeit vor den bisher geschilderten Abenteuern zurück, spielt in Kurdistan und lässt Hadschi Halef Omar auftreten. Hier fällt auch zum ersten Mal in der "Mahdi"-Erzählung der Name Kara Ben Nemsi; der Ich-Erzähler war bisher namenlos geblieben. Mit dem Kapitel "Die letzte Sklavenjagd" stellt May den Anschluss an den bereits vorliegenden "Mahdi"-Text her.

Die "Hausschatz"-Fassung insgesamt bearbeitet May relativ wenig für die Buchausgabe. Allerdings streicht der Autor ein Wüstenabenteuer Selims, des aufschneiderischen und feigen Dieners, und übersieht, dass in dieser Passage Selims Beiname "Schleuderer der Knochen" erklärt wird. Außerdem fügt er das Gedicht "Es treibt die Fanna heimatlos" auf Seite 372 des zweiten Bandes ein, ein Text, den er bereits 1880 in der "Juweleninsel" und sechs Jahre später in "Der Weg zum Glück" verwendet hat.

Die Buch-Erstausgabe von Band I erscheint im Januar 1896, die des zweiten Bandes im Mai. Mit dem dritten Band, der im August in die Buchhandlungen kommt, ändert sich der Reihentitel. Ab jetzt heißt es nicht mehr "gesammelte Reiseromane" sondern "gesammelte Reiseerzählungen". Seltsamerweise taucht beim zweiten Band ab dem 21. Tausend ein Reihentitel auf, der anderswo nie verwendet wurde: "Karl Mays gesammelte Reiseerlebnisse".

Nach Mays Tod (1912) und der Aufnahme der Trilogie in die "Gesammelten Werke" des Karl-May-Verlages (KMV) erfolgten bis auf Fehlerkorrekturen und Anpassung an die geltende Rechtschreibung keine weiteren Bearbeitungen.
Das Nachwort zum dritten Band war schon 1909 entfallen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die drei Bände stilistisch überarbeitet und erhielten eigene Titel, nämlich "Menschenjäger", "Der Mahdi" und "Im Sudan". Der Obertitel "Im Lande des Mahdi" blieb allerdings erhalten. Außerdem wurden die Bände - wie bei den "Gesammelten Werken" des KMV allgemein üblich - in eine größere Anzahl von Kapiteln aufgeteilt. Ein besonderes Kuriosum erschien 1958: eine Lizenzausgabe des KMV für die "Deutsche Buchgemeinschaft" in der überarbeiteten Hausschatz-Fassung, also ohne Mays hinzu geschriebene Kapitel, in einem 812 Seiten starken Band.

Rolf Dernen

Literaturverzeichnis Volker Griese: KARL MAY. CHRONIK SEINES LEBENS. Husum. Husum Druck- & Verlagsgesellschaft, 2001
Wolfgang Hermesmeier/Stefan Schmatz: KARL-MAY-BIBLIOGRAFIE 1913-1945. Bamberg ? Radebeul , Karl-May-Verlag. 2000
Wolfgang Hermesmeier/Stefan Schmatz: VOM HAUSSCHATZ ZUR BUCHAUSGABE. In: KARL MAY & CO. Nr. 90, 2002
Fritz Maschke: KARL MAY UND EMMA POLLMER. Bamberg, Karl-May-Verlag. 1972
Hainer Plaul: ILLUSTRIERTE KARL-MAY-BIBLIOGRAFIE. München, K.G. Saur. 1989
Roland Schmid: Nachwort ZUR REPRINT-AUSGABE. In: Karl May: IM LANDES DES MAHDI II. BAND. Reprint der ersten Buchausgabe von 1896. Bamberg. Karl-May-Verlag. 1983
Dieter Sudhoff (Hg.): KARL MAYS "IM LANDE DES MAHDI". Oldenburg, Igel-Verlag. 2003
Rudolf K. Unbescheid: DAS LAND DES MAHDI, SKLAVENKARAWANEN UND KARL MAY. Wiesbaden. Verlag Christiane Heinke. 1986

Dieser Beitrag stammt mit freundlicher Genehmigung des Autoren und der Redaktion aus "Karl May & Co.", dem Karl-May-Magazin.